28.08.13 Thema Wertschätzung im Alltag
Als Kind und Jugendliche habe ich gelernt, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt, nicht einmal die Liebe seiner Eltern.

Es schien mir ein Tauschgeschäft zu sein. War ich brav, hatten sie mich manchmal lieb - wenn es nicht zu viele Umstände machte. War ich unartig, dann wurde mir versichert, dass mich niemand mit diesem Verhalten lieb haben könnte.

Rosen-schwarz-weiss

Ich ahmte meine Eltern nach und war ebenfalls bald der Überzeugung, dass das Verhalten meiner Mitmenschen Massstab dafür ist, welche Gefühle ich ihnen entgegen bringen kann. Da sich meine Mitmenschen an verschiedenen Tagen unterschiedlich verhielten, blieb ich erst einmal in einer Warteposition, bevor ich positive Gefühle zuließ – man kann ja nie wissen, was demnächst kommt.
Wertschätzung an jemand zu vergeben, der sich diese nicht verdient hat, wäre naiv, weltfremd, unvorsichtig, so war meine Meinung.

Im Fluss schwarz-weiss

Mit der Zeit fühlte ich immer weniger positives und verlegte mich mehr auf Beobachtung und Analyse des Verhaltens meiner Mitmenschen. Durch diesen „Gefühlsmangel“ angetrieben, schien es immer wichtiger zu werden von Aussen positives Feedback zu bekommen, denn immer wenn mich jemand wertschätzte oder auf irgend eine Art in ein positives Licht rückte, erwachte mein Innenleben zu ungewohnten Höhenflügen – ich wurde lebendig.

Von diesem absoluten Tiefpunkt meines Lebens aus war es ein weiter Weg wieder zurück zu der Leichtigkeit und ungefilterten Zuneigung, die ein Kleinkind empfindet.

Rosen rosa


Heute weiss ich, dass es nie verkehrt ist positive Gefühle zu empfinden. Mein Körper belohnt mich sofort. Es wird locker, leicht, frei und fühlt sich himmlisch an. Meine Mitmenschen schätzen meine positive Ausstrahlung.

Ich fördere in meinen zwischenmenschlichen Begegnungen ein Gefühl der Wertschätzung, indem ich die positiven Aspekten unseres Zusammenseins betone. Sicherlich beobachte ich genau und bewerte immer noch, aber immer in dem Bewusstsein, dass mein gegenüber seine Lebensgeschichte hat und seine Gründe, so zu handeln wie er handelt.

Ich schätze ihn als Mitmensch und freue mich an diesem schönen Gefühl. Das heißt aber nicht, dass ich alles gut heiße und zu allem ja sage.

Im Fluss

Dadurch, dass ich nun wieder einen starken Zugang zu meinen Gefühlen habe, kann ich frei und locker nein sagen, wenn ich etwas nicht will. Ich weiss, dass mein Wert als Mensch nicht von meinem Verhalten abhängt. Ich kann auch mal ein Nein vergeben und mich dabei irren oder ungerecht sein, das ändert nichts an meinem grundsätzlichem „In-Ordnung-Sein“.

Rosen im Himmel

Um wieder zu einer solchen inneren Klarheit zu finden hat es „Trainingszeit“ gebraucht. Meine tägliche Meditation betont heute ganz stark die Wertschätzung für die ganze Schöpfung, für die Menschen, die ich treffe, meine Freunde, Kollegen und – ganz wichtig – für mich selbst. Dabei ist es tagesformabhängig wie stark ich diese Gefühle verfolgen und vertiefen kann.

Ich kann nicht den Schalter umlegen, auch hier ist bei Schnelligkeit und Dynamik Achtsamkeit gegenüber meinen Gefühlen angebracht. An manchen Tagen brauche ich nur ein paar Minuten um ins Positive zu kommen und an anderen Tagen geht es eben länger, oder ich bin sogar froh einen neutrales Level zu erreichen.

Kapuzinerkresse

In dieser Woche treffe ich mich mit mehren Freundinnen und Freunden. Ich nutze die Minuten auf dem Weg zum verabredeten Ort immer, um mich noch einmal auf die schönsten Seiten unserer Freundschaft ein zu stimmen. Ich möchte bei unserem Zusammensein eine schöne Zeit genießen und vor allem möchte ich Wertschätzung versprühen, einfach weil es ein schönes Gefühl ist, das für jemanden ganz besonderen zu empfinden.


Auf meinem MP3 Player gibt es ein Lied von Mikle Buble, er singt darauf: „You are nobody till somebody loves you...“

Dem möchte ich widersprechen, für mich heißt es: You are nobody till you love somebody or something.

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