Samstag, 31. Januar 2015
31.01.15 Thema "Ich"
In den 80ern haben wir noch geglaubt der Mensch sei mit 20 Jahren bereits fertig mit seiner Charakterbildung. "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr", war die gängige Vorstellung, die unsere Lehrer an ihre Schüler vermittelten und ich lernte noch, dass sich Gehirnzellen nicht mehr verändern (andere Zellen schon).

In den frühen 90ern betrieb ich Traumdeutung und in Verbindung damit eifrige Selbstreflektion. Schließlich hatte ich meine Kindheit auf zu arbeiten. Ende der 90er erfuhr ich näheres über das positive Denken und war zunächst in heftiger Ablehnung gefangen. "So' n Quatsch!" war mein wiederholter Kommentar.

Amaryllis

Dann entdeckte mein damaliger Lebensgefährte "Gespräche mit Seth" von Jane Roberts in unserer Stadtbibliothek. Zunächst habe ich mich schlapp gelacht: "Gechannelte Bücher? So´n Quatsch!"
Mein Blick hinein amüsierte mich nicht so sehr wie ich gedacht hatte. Es erstaunte und überraschte mich vielmehr. Die Autorin schrieb auch Science Fiction, aber konnte ein Mensch eine derart blühende Phantasie haben und solch phantastische Gedanken hegen?

In der Folgezeit las ich viele Bücher über positives Denken und stellte fest, dass diese Lebensphilosophie viel differenzierter und anspruchsvoller sein konnte, als ich es für möglich gehalten hatte.

Entspanungstechniken wie Meditation, Selbstbeobachtung und Gedankenkontrolle rückten immer mehr in den Fokus meines Interesses. Inzwischen hatte ich auch eine Ausbildung in Hypnosetherapie absolviert. Mein Welt- und Selbstbild änderte sich immer weiter.

Meditation lag zunächst nur nahe, nachdem ich mich mit Phantasiereisen beschäftigt hatte. Der nächste logische Schritt war die Zen-Meditation. Nachdem ich mich mit Hypnosesprache beschäftigt hatte und zahlreiche Trancetexte und CD`s zum Thema verfasst habe war Zenmeditation der Gipfel der Dreistigkeit. Hier ging es plötzlich darum die Gedanken zu reduzieren und einzig allein die Atmung (oder mein Inneres) zu beobachten.

Im Zen-Zentrum unserer Stadt saß ich mit meiner besten Freundin vor einer kahlen Wand und uns schliefen die Beine ein. Uns hat der Schnupperabend dort nicht so gut gefallen. Die Erklärungen waren spärlich und die Mitglieder kühl und unnahbar, aber die Zen-Meditation, darin waren wir uns einig, war das beruhigenste was uns jemals begegnet war.

Im Zen-Buddhismus geht es, wie im positiven Denken darum, dass wir unsere Gedanken beobachten und lenken. In der fernöstlichen Philosophie bezweckt man damit die Heranbildung eines ausgeglichenen, zufriedenen Menschen, der im Hier und Jetzt Zuversicht, Mitgefühl und Besonnenheit ausstrahlt.

Im positiven Denken nutzt man ebenfalls Meditationstechniken um ein glücklicher Mensch zu sein, der in Folge Wohlstand, Gesundheit und Liebe in sein Leben zieht.

Eine Blume - viele Blüten

In beiden Philosophien glaubt man daran, dass durch die gewohnheitsmäßig gedachten Gedanken der Charakter herangebildet oder zumindest maßgeblich beeinflusst wird. Der Charakter aber beeinflusst meine Umgebung, mein Hier und Jetzt, meine Mitmenschen und meine Zukunft.

Die moderne Hirnforschung gibt beiden Philosophien recht, indem sie das Konzept der ""Neuroplastizität" entdeckt und nachweisst, dass das menschliche Gehirn sich sein ganzes Leben lang verändert und ein Gehirntraining bis ins hohe Alter sinnvoll ist. Meditation ist nun auch hier eine anerkannte Form des mentalen Trainings. Zur Entwicklungsgeschichte dieser Thesen gibt es ein spannendes und unterhaltsames Buch, das ich sehr empfehlen kann: "Warum wir fühlen, wie wir fühlen" von Richard Davidson und Sharon Begley.

Vielseitiges Ich - vielseitige Sicht

Die Ironie der Geschichte liegt nun darin, dass Zen-Buddhismus und positives Denken (zumindest bestimmte Teile daraus siehe z.B. The Masterkeysystem von Ch. Haanel)) zwar ähnliche Ansichten über die Formbarkeit des Inneren hegen und ähnliche Techniken nutzen, aber entgegengesetzte Ziele haben.

Im Zen möchte man gerne Konzepte, auch das "Ich-Konzept", auflösen und sich im Hier und Jetzt verwurzeln, während man in bestimmten Richtungen des positiven Denkens eine Formung des Charakters anstrebt und damit die eigenen (egoistischen) Ziele in der Zukunft verwirklichen möchte. Beide Richtungen streben aber ein harmonisches und friedliches zwischenmenschliches Miteinander an.

Link zum Thema "Auflösen von Konzepten" im Zen (nach Thich Nhat Hanh):

Have you developed theories of the universe:
https://www.youtube.com/watch?v=M-6kvVOybIY

How to let the self die - is God good?
https://www.youtube.com/watch?v=ASYIiDuZ6xU

"Wir sind was wir denken. Alles was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt." Siddhartha Gautama (Buddhismus)

"Im versteckten Raum des Gedankens sind Ursache und Wirkung so absolut und unbeirrbar wie in der Welt der sichtbaren und materiellen Dinge.
Geist ist der Meisterweber, sowohl der inneren Kleider des Charakters, als auch der äußeren Kleider der Umstände." James Allen (positives Denken)

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