09.07.14 Thema "Ich"
Zwei Freunde vereinbaren miteinander: Wer zuerst stirbt, erscheint dem anderen und sagt ihm, wie es ist.

Tatsächlich hält sich der zuerst Verstorbene daran und erscheint dem Freund. Dieser fragt neugierig: „Na, wie ist es denn nun?“

„Ganz anders“, sagt der Freund und verschwindet wieder.

Kampf um einen Platz auf dem Sonnenhut

Diese Woche erhalte ich eine Mail von einem 37 jährigen Mann (12 Jahre jünger als ich)über ein Singleportal: „Weißt Du eigentlich, dass Du eine sehr sympatische Ausstrahlung hast? Und ein hübsches Gesicht hast Du auch. Ich frag mal ganz keck: Wie ist eigentlich das sexuelle Verlangen in Deinem Alter im Vergleich zwischen 20 und 30 Jahren?“

Auf solche Fragen antwortet man am besten gar nicht, oder ganz allgemein. Da ich mich gerne schreiben höre, entscheide ich mich für letzteres.

Zunächst: Die Frau, die ich mit 20 oder 30 war, gibt es nicht mehr. Den Sex, den ich mit 20 oder 30 hatte, den gibt es, Gott sei Dank, auch nicht mehr (in meinem Leben).

Mein Blick hat sich verändert generell und natürlich auch bei diesem Thema. Das Verlangen hat sich definitiv verändert. Es ist nicht mehr so drängend. Mir ist das ganze Thema nicht mehr so wichtig. Das geht mir aber mit vielen Themen so. Ob ich mich jetzt im Moment wohl fühle, das ist wichtig, mit was oder mit wem ist nicht wichtig.

Schildkroeten, gemeinsames Sonnenbaden

Ich weiss heute genau was ich will. Früher wusste ich nur immer was die anderen gerne hätten (oder habe wenigstens geglaubt ich wüsste es). Zwischen 20 und 30 war mir wichtig, dass alle mit mir zufrieden sind und dass ich möglichst schon im Vorhinein deren Gedanken lesen könnte, damit ich mich genau so verhalten kann, wie es am besten für alle ist.

Heute bin ich egozentrisch – meine Welt kreist um mich. Das dürfen die anderen gerne mit sich selbt ebenso machen. Ich bin davon überzeugt: Nur so kann eine Beziehung (oder auch nur eine Interaktion) wirklich funktioniert, indem man dem anderen und sich selbst Freiraum gibt und ehrlich miteinander umgeht.

Biene

Würde ich meinem 20jährigen Ich erscheinen und sollte ihm sagen, wie das Leben mit 49 Jahren so ist, müsste ich sagen: „Ganz anders!“

Oder noch genauer: „Viel schöner!“

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